Gayatri Mantra
OM BHUR BHUVAH SWAH
TAT SAVITUR VARENYAM
BHARGO DEVASYA DHIMAHI
DHIYO YO NAH PRACHODAYAT
„Wir meditieren über den Ruhm jenes Ishwara,
der das physische, astrale und kausale Universum erschaffen hat,
der das höchste Selbst ist,
der würdig ist, verehrt zu werden,
der die Verkörperung des Wissens und des Lichtes ist,
der alle Sünden und Unwissenheit beseitigt.
Möge Er unseren Intellekt erleuchten.“
Was ist diese Erleuchtung? Normalerweise herrscht Deha-Atmabuddhi, der Intellekt, der die Identifikation mit dem Körper bewirkt, so daß man fälschlicherweise den Körper für die Seele hält. Mit dem Gayatri-Mantra bittet man die heilige Mutter der Veden um einen reinen Intellekt (Shuddha-Sattwa-Buddhi), der erkennt: „Aham Brahma Asmi“ – „Ich bin Brahman“. Das ist eine nichtdualistische Deutung des Gayatri. Fortgeschrittene Yogaschüler können auch folgende Bedeutung aufnehmen: „Ich bin Das Höchste Licht der Lichter, das Buddhi, den Intellekt, erleuchtet.“
Das Gayatri-Mantra besteht aus neun Namen, nämlich 1. Om, 2. Bhuh, 3. Bhuvah, 4. Svah, 5. Tat, 6. Savitur, 7. Varenyam, 8. Bhargah und 9. Devasya. Mit diesen neun Namen wird Gott gepriesen. „Dhimahi“ bedeutet Verehrung des Herrn oder Meditation über Gott. „Dhiyo Yo Nah Prachodayat“ ist ein Gebet. Das Gayatri hat fünf Pausen, nämlich jeweils bei:
„Om“,“Bhu Bhuvah Svah““Tat Savitur Varenyam““Bhargo Devasya Dhimahi“ und „Dhiyo Yo Nah Prachodayat“, nach denen man beim Singen oder Wiederholen kurz anhalten sollte.
Savita ist die führende Gottheit des Gayatri-Mantras, Feuer (Agni) seine Öffnung, Vishvamitra ist sein Rishi (Seher) und Gayatri das Versmaß. Dieses Mantra wird zum Beispiel bei der Einweihung heiliger Schnüre, beim Pranayama und beim Japa rezitiert. Gayatri ist dasselbe wieSandhya (Dämmerung; Name einer Göttin); beide sind identisch. Wer über Gayatri meditiert, meditiert gleichzeitig über Vishnu, den Höchsten Gott des Universums.
Man kann das Gayatri-Mantra im Liegen, Sitzen oder Gehen geistig wiederholen. Es gibt nichts, was man bei der Wiederholung besonders beachten müßte. Man sollte das Gayatri-Mantra zur Verehrung Gottes dreimal täglich an den Übergängen der Tageszeiten wiederholen – morgens, mittags und abends. Das Gayatri-Mantra gilt allgemein für alle Hindus. Gott befiehlt in den Veden: „Ein Mantra sei allen gemeinsam (Samano Mantrah)!“ Daher sollte das Gayatri das eine Mantra für alle Menschen sein. „Das überlieferte geheime Wissen der Upanishaden ist das Wesentliche der vier Veden, während das Gayatri mit den drei Vyahritis das Wesentliche der Upanishaden umfaßt.“ Wer das Gayatri in diesem Sinne kennt und versteht, ist ein echter Brahmane. Ohne dieses Wissen ist er wie ein Angehöriger einer niederen Kaste, selbst wenn er dieVeden gut kennt.
(Manu Smriti, 2. Kapitel)
Brahma wählte aus den drei Veden die Buchstaben A, U und M und formte daraus die aus drei Buchstaben bestehende Silbe AUM, zusammen mit der Erd-, Astral- und Kausalebene (Bhu, Bhuvah, Svah).
In seiner unfaßbaren Größe entnahm der Schöpfer den Veden auch die drei Formeln des unbeschreiblichen Savitri- oder Gayatri-Textes, der mit „Tat“ beginnt.
Ein zweimal geborener Mensch, der sich von der Masse fernhält und 1000 Mal diese drei, das heißt, OM, die drei Ebenen (Bhuh Bhuvah Svah) und das Gayatri (Tat Savitur Varenyam) wiederholt, wird innerhalb eines Monats selbst von den Auswirkungen großer Vergehen frei – so wie sich eine Schlange häutet.
Die drei großen, unvergänglichen Worte (Bhuh Bhuvah Svah), denen Om vorausgeht und denen die drei Ausdrücke des Gayatri nachfolgen, umfassen die Essenz der Veden.
Wer drei Jahre lang täglich ohne Nachläßigkeit diesen heiligen Text wiederholt, wird sich der göttlichen Wesenheit annähern und gestaltlos und frei wie Luft werden.
Die dreibuchstabige Silbe OM (AUM) steht sinnbildlich für das Höchste; das Anhalten des Atems in der Pause mit auf Gott gerichtetem Geist ist höchste Hingabe; nichts ist erhabener als das Gayatri; die Verkündung der höchsten Wahrheit ist wertvoller als Schweigen.
Alle Riten der Veden, Feueropfer und Opferzeremonien sind vergänglich; aber Om ist die unvergängliche Silbe des Absoluten. Alle Worte des Gayatri sollten langsam, unverstümmelt und rein ausgesprochen werden. Man darf bei der Ausübung von Japa keine Eile an den Tag legen. Man kann so viele Purascharanas machen wie man will, aber man muß sie langsam und beständig ausführen.
Alle vier häuslichen Sakramente und die Opferzeremonie zusammengenommen wiegen nicht ein Sechzehntel des Opfers auf, das durch eine Gayatri-Wiederholung dargebracht wird.
Ein Brahmane kann Glückseligkeit erlangen durch die bloße Wiederholung des Gayatri, unabhängig davon, ob er andere religiöse Handlungen ausführt oder nicht.
„Wahrlich, der Mensch ist das Opfer. Die ersten 24 Jahre seines Lebens stellen das Morgenritual dar, denn das Gayatri umfaßt 24 Silben und durch das Gayatri wird das Morgenritual ausgeführt“ (Kap. 3, Absatz 16).